Geschichtssystematischer Überblick

Die verschiedenen Richtungen der Ethik geben unterschiedliche Antworten auf die Frage nach der moralischen Qualität menschlichen Handelns:

  • Welches Handeln ist (in welchen Situationen?) moralisch gut oder böse (so die moralische Frage der evaluativen Ethiken)?
  • Welches Handeln ist (in welchen Situationen?) moralisch erlaubt oder verboten (so die moralische Frage der normativen Ethiken)?

Antike Tugend- und Glücksethik

Vom Tragödiendichter Aischylos (525-456 v.Chr.) beeinflusst, gingen Sokrates und Platon davon aus, das jeder Mensch über einen ‚vernünftigen‘, einen ‚begehrenden‘ und einen ‚muthaften‘ (ereifernden) Seelenanteil verfügt. Ein Mensch könne glücklich sein, wenn er jeden dieser drei Bereiche gebührend berücksichtigt, angeleitet nämlich vom obersten Seelenanteil, der Vernunft

Epikurismus

Die Epikureer argumentierten gegen Platon und Aristoteles, dass sich die moralisch und rechtlich gebotene Ordnung einer Gesellschaft keineswegs aus einer vorgegebenen Vernunft- als Naturordnung, sondern lediglich aus zwischenmenschlichen Vereinbarungen ergeben würde. Und diese wären das Resultat sowohl rationaler Abwägungen als auch willkürlicher Interessen.

Utilitarismus

Der Utilitarismus misst den moralischen Wert menschlichen Handelns an einem außermoralischen Maßstab: Handlungen sind moralisch gut, wenn sie die Lust vermehren und die Unlust verringern.

Kontraktualismus

Der moderne Kontraktualismus ist Teil der Pflicht- bzw. Willensethik: Gut zu sein ist keine Eigenschaft einer Handlung oder deren Folgen, sondern der Absichten und des Willens der Handelnden.

Immanuel Kant

Die Menschlichkeit des Menschen ist bei Kant letztlich darin begründet, immer und überall frei und selbstbestimmt handeln zu können. Der Mensch müsse sein Wollen, so nennt es Kant, nach einem Gesetz bzw. nach der (inneren) ‚Kausalität der Freiheit‘ selbst bestimmen können. Kant gibt solch menschlicher Selbstbestimmung den Namen Autonomie, das ihr entsprechende Gesetz nennt er ‚Kategorischer Imperativ‘.

Gegenwartsethiken

Im 20. Jahrhundert haben Ethiker/innen versucht, auf die neuen Herausforderungen menschliches Leben und Handeln neue Antworten und Hilfsstellungen zu geben. Diesen neuen Ethiken lassen sich gut einbinden in die Einteilung der verschiedenen traditionellen Ethiken. Denn eher ziel- und verantwortungsorientiert sind die Verantwortungsethik von Hans Jonas und der Präferenzenutilitarismus von Peter Singer, hingegen sind die Diskursethik von Hans Apel und Jürgen Habermas und die Gerechtigkeitsethik (‚Gerechtigkeit als Fairness‘) von John Rawls eher rechts- und pflichtenorientiert.

Martha Nussbaum

Martha Nussbaum (geb. 1947) versucht, im Rückgriff auf die aristotelische Tradition des ‚guten Lebens‘ Antworten zu geben auf die großen moralischen Herausforderungen der Gegenwart.