In der erkenntnisskeptischen und empiristischen, später dann auch in der religionskritisch-atheistischen Philosophie wurde der von der cartesianischen Erkenntnis- und Subjekt- bzw. Selbstbewusstseinszentrierung beschrittene Weg universellen Zweifels nochmals radikalisiert. Denn die Philosophen dieser Tradition zweifelten auch an allen angeborenen Vorstellungen, sie konnten keine Vorstellung/Idee – und auch nicht die Vorstellung/Idee Gottes oder des ‚ego sum, ego existo‘ – zum Fundament des Philosophierens machen. Sie kannten also auch diese cartesianische Sicherung nicht mehr. Philosophie verfügt dann über keinerlei Evidenz, die geeignet wäre, in methodisch-systematischer Argumentationsentwicklung axiomatisch-konstitutiv zu agieren. Der Philosophie fehlt es an sicherer Erkenntnis und an einem erkenntnisleitenden und -ordnenden Prinzip. Sie will daher nur noch – etwa bei Hume, Voltaire und Rousseau – Philosophie- und Metaphysikkritik sein. Ohne dass damit freilich, wie es dann bei Kant deutlich werden wird, auch schon jene Fragen eliminiert wären (und, bei Kant, hätten eliminiert werden sollen), durch welche Philosophie und Metaphysik einst überhaupt auf den Plan getreten waren.

Exemplarisch und prototypisch für diese kritische Tradition nähern wir uns dem wirkungsgeschichtlich bedeutendsten Vertreter des Empirismus, David Hume (1711-1776). Wobei der Schotte Hume geprägt war von einem anderen großen Briten, von John Locke (1632-1704). Darf dieser als Begründer, so wird jener wohl als Vollender des britischen Empirismus gelten können. Hume konstatierte – ganz ähnlich, wie es Jahre später dann auch Kant tun sollte – als sinnenfälliges Kennzeichen der Philosophie und Wissenschaften seinerzeit ein ‚Lärmen und Schreien‘, von dem das Tun der Wissenschaftler begleitet sei, insofern sie sich offenkundig gezwungen sähen, in unerbittlichem Wettkampf fortwährend Neues hervorzubringen. Darin setzten sie jedoch, so kritisierte Hume weiter, mehr auf Beredsamkeit als auf schlüssige Argumentationen, mit der Konsequenz, den Hoheitsbereich der Vernunft gar nicht erst zu betreten. Öffentlichkeitswirksame Siege würden nicht von den Waffen der Vernunft, sondern von den ‚Trompetern, Trommlern und Musikanten des Heeres‘ errungen. Hume war überzeugt, dass derartig vernunfts- und wissenschaftswidrige Gewohnheiten mitursächlich waren für die verbreitete Meinung, dass metaphysisch zu sein kein Name einer bestimmten (und durchaus achtenswerten) Form des Wissens, sondern jederlei Wissens sei, sobald es sich nur ein wenig von der bloßen Alltagsevidenz entfernt hat, sein Erwerb also mühsam war. Hume aber scheute solcher Anstrengung nicht. Er wehrte der Trägheit.

Den Streit der Wissenschaften und Philosophien mit den Waffen der Vernunft zu entscheiden, war die erklärte Absicht jenes dreibändigen Buches Humes, das als sein Hauptwerk gilt und entscheidend ist für die herausragende Position, die er in der Geschichtsschreibung der Philosophie einnimmt. Wie zB könnte die kritische Philosophie Kants dargestellt werden, ohne jenen ‚dogmatischen Schlummer‘  zu erwähnen, in den verfallen gewesen zu sein Kant von sich bekennt – und aus dem ihn befreit zu haben er Hume lobt? Veröffentlicht in den Jahren 1739 (Buch I) und 1740 (Buch II und III), war jedoch dem von Hume als „A Treatise of Human Nature“/ „Ein Traktat über die menschliche Natur“ vorgelegten und im Untertitel so ausgewiesenen „Attempt to Introduce the Experimental Method of Reasoning into Moral Subjects“ / „Versuch zur Einführung der Experimentalmethode der Beweisführung bei den die menschliche Natur betreffenden Themen“ weder bei dessen Erstveröffentlichung noch überhaupt zu Humes Lebzeiten großer publizistischer Erfolg beschieden. Und auch die Anerkennung der Universitätsgelehrten blieb Humes „Treatise“ zeitlebens verwehrt.
Der Weg, den Hume zu gehen in seinem Buch vorschlug und zügig abzuschreiten sich anschickte, ging von der offensichtlichen Gemeinsamkeit all jener streitenden Wissenschaftsparteien aus, die in Ermangelung vernunftgemäßer Standards agierten. Hume ging von der menschlichen Natur aus.

1      Grundlagenwissenschaftliche Erkenntnis- und Sprachkritik

Hume wies zwar schon zu Beginn der von ihm angezielten neuen wissenschaftlichen Aufklärung große Teile der Metaphysik als Ausdruck eines Aberglaubens zurück, hing zugleich aber seiner eigenen Arbeit – so formuliert ein knappes Jahrzehnt nach dem „Treatise“ – als einer ‚echten Metaphysik‘ (true metaphysics‘) an. Deren Aufgabe sei es, die unechte und verfälschte Metaphysik zu zerstören. Hume konzipiert Metaphysik als eine von der Natur des menschlichen Verstandes ausgehende Erkenntniskritik. Sie weiß zu unterscheiden zwischen dem, was der menschliche Verstand aufgrund natürlichen Instinkts (‚natural instinct‘) annehmen muss, und dem, was er sich aus bloßem Aberglauben (‚superstition‘) einbildet. Methoden und Gehalte jener echten Metaphysik wurden von Hume als Methoden und Gehalte einer Grundlagenwissenschaft des Erkennens in Szene gesetzt. Diese erforscht die Natur und darin auch die Erkenntnismöglichkeiten des Menschen. Eine echte Metaphysik/Grundlagenwissenschaft ist dies, sie ist ausschließlich der Empirie zugewandt, sie schöpft ihre Gehalte und die Bestätigung ihrer Aussagen aus der sinnlichen Erfahrung (‚experience‘). Und schließlich ist sie eine echte Metaphysik/Grundlagenwissenschaft, indem ihre Methode induktiv ist, sie sich also weigert, ihre Wissensgehalte auf logisch-deduktivem Weg aus bloß vorausgesetzten Prämissen zu gewinnen: Aus Prämissen nämlich, die lediglich hypothetisch oder aber aufgrund etwaiger übernatürlicher Vernunft für wahr gehalten werden, um dann bestimmte Folgesätze logisch deduzieren und als aus vornotwendig wahr ausweisen zu können. Stattdessen Hume: Die Sätze echter Metaphysik sind natürlich wahr.

Die Erkenntniskritik-Metaphysik Humes will ihre Aussagen ausschließlich aufgrund von Perzeptionen (‚perceptions‘) und in den Perzeptionen sichern, also anhand der (je eigenen) Bewusstseinsinhalte und Bewusstseinsakte. Hierbei unterscheidet Hume zwei dieser Perzeptionen, mithin zwei verschiedene Vermögen menschlicher Erkenntnis (‚knowledge‘). Und nur eines dieser Vermögen gilt ihm als Quelle wahrer Erkenntnis. Das andere Vermögen lehnt Hume als Quelle des Irrtums, des Aberglaubens und des Gelehrtenstreits ab. Er lehnt es als schlechte Metaphysik ab. Die Quelle dieses Irrtums sind ihm die Vorstellungen (‚ideas‘), Quelle jener wahren Erkenntnis sind ihm Eindrücke bzw. Erfahrungen, also ‚impressions‘. Während die Vorstellungen (‚ideas‘) bei Descartes bzw. im Rationalismus als einzige Wissensquelle akzeptiert waren, gilt dieses bei Hume also genau umgekehrt von den individuellen Eindrücken und Erfahrungen. Allein sie sind ihm gewisse und zweifelfreie Quelle wahren Erkennens. Hume differenziert selbige jedoch nochmals in Eindrücke des äußeren Sinnes (‚impressions of sensation‘ / ‚äußere Erfahrung‘) und in Eindrücke des inneren Sinns (‚impressions of reflexion‘ / ‚Empfindung‘, ‚innere Erfahrung‘), mithin Affekte, Leidenschaften und Gefühlserregungen. Und auch die Vorstellungen gliedern sich in zwei Gruppen. Zum einen in die Erinnerung (‚ideas of memory‘), zum anderen in die Einbildungskraft (‚ideas of imagination‘ bzw. ‚ideas of fancy‘). Während von der Erinnerung die Erfahrungen (impressions) neu geordnet werden würden – so, dass man sogar meine, sich an ein geflügeltes Pferd zu erinnern –, verlasse die Einbildungskraft (imagination) überhaupt den Bereich der (möglichen) Erfahrung, sie transzendiere bzw. übersteige ihn, sie agiere gleichsam erfinderisch-schöpferisch.

Für Hume war klar: Folgen darf der Mensch nur der anderen Erkenntnisquelle (Perzeption), den (natürlichen) Erfahrungen. Er dürfe nur solchen Bewusstseinsdaten trauen, die ihm als Eindrücke gegeben sind. Denn nur sie seien unmittelbar (natürlich) gegeben. Diese Überzeugung, seinen fundamentalwissenschaftlichen Weg als empiristischen Weg gehen zu müssen, ihn also nur aus unmittelbaren Daten gespeist sein zu lassen, war für Hume aufgrund der generellen Stärke und Heftigkeit sinnlich-natürlicher Eindrücke (‚impressions‘) evident. Hume war bereit, der Intensität zu folgen, mit der sie sich aufdrängen und ins Bewusstsein eingehen. Hierzu fühlte er sich verpflichtet auch und gerade gegen Descartes. Mit diesem verband ihn zwar die Wendung hin zum Bewusstsein als dem Ort, der, untergraben einst durch die nominalistische Philosophie, nun wieder (irgendwie) das Fundament sicherer Erkenntnis zu sein hatte. Dem Descartes aber waren gegen Hume nicht Stärke und Heftigkeit, sondern Einfachstheit und Allgemeinstheit (‚simplicissimis & maxime generalibus‘) die Kriterien, um etwas als den gesuchten Maßstab sicheren (zweifelsfreien) Wissens anerkennen zu können. Woraufhin Descartes diesen Maßstab in der Geometrie gefunden und die Vorstellungen (‚ideas‘) als Grundlage des Wissens installiert hatte, zuvorderst diejenige des ‚ego cogito, ego existo‘. Hume aber konnte, gebunden an das Kriterium von Stärke und Heftigkeit, den Maßstab nur in den ‚impressions‘ (Eindrücken) der äußeren oder inneren Erfahrung finden. Er musste sich abwenden von der zweiten Quelle unserer Erkenntnis (‚knowledge‘), insbesondere von der Einbildungskraft (‚imagination‘), die im menschlichen Bewusstsein Zusammenhänge zwischen den Eindrücken (‚impressions‘) bilden und ein einheitliches Bild entstehen lassen würde.

Unter den Vorstellungen (ideas) galt Hume die Einbildungskraft als jene Erkenntnisquelle, durch die Zusammenhänge erstellt werden, nämlich mittels Reproduktion (‚reproduction‘), Kombination (‚connexion‘) oder aber Assoziation (‚assoziation‘). Als Produkte dieser schöpferischen Schaffenskraft entstünden dann Gedanken (‚thoughts‘), Begriffe (‚conceptions‘) oder aber Vorstellungen (‚ideas‘). Allen diesen Perzeptionen (Bewusstseinsinhalten, Bewusstseinsakten) gemeinsam sei es, nicht der (inneren oder äußeren) Erfahrung zu entstammen, also keine unmittelbaren Daten zu sein. Sie seien nur Einbildung (‚fiction‘), dem Reich der Fantasie näherstehend als den ursprünglichen Eindrücken (‚impressions‘). Hume hielt alles, was dem Geist derartig als nur vorgestelltes, als eingebildetes oder als erinnertes Erleben gegenwärtig ist, für ein lediglich schwaches Abbild jener Eindrücke (‚impressions‘).

Hume daher meinte, sich vor allem von den Vorstellungen (‚ideas‘) abwenden zu müssen, wie sie dem (cartesianischen) Rationalismus grundlegend waren. Denn das Problem der unsicheren Erkenntnis, also der eingangs angeführte Streit in Philosophie und Wissenschaften, wurzelte für ihn darin, dass zwar alle Menschen grundsätzlich über jene (starken) Eindrücke verfügen, dass sie aber zur Grundlage ihres Denkens und Urteilens (‚thinking and reasoning‘) lediglich diese (schwachen) Abbilder, mithin Gedanken und Begriffe, letztlich also nur Vorstellungen (‚ideas‘) machen: Sie wenden sich den falschen Perzeptionen, dem falschen Ursprung von Perzeptionen, vor allem aber wenden sie sich den Imaginationen als einem schöpferischen Ursprung ihrer Vorstellungen zu. Aus derartig falscher Ursprungswahl resultierten dann, am Höhepunkt allgemeiner Verwirrung, die erfahrungs- und erinnerungsfreien, gleichwohl aber streitlustigen Sätze der Metaphysik. In ihnen manifestiere sich einerseits eine (zunehmende) Entfernung der Erkenntnis von sinnlichen Eindrücken und andererseits der Umstand, dass (einfache) Eindrücke zu Wahrnehmungen (‚perceptions‘) aller Art zusammengeführt bzw. verknüpft (‚connect‘) werden. Während sich die Erinnerung (‚memory‘) wenigstens in der Nähe ursprünglicher Eindrücke entwickle und diese wirklichkeitsnah zu wiederholen trachte, entbinde sich die Einbildungskraft (‚imagination‘) gänzlich von ihnen. Sie wiederhole die Wirklichkeit daher weniger lebhaft und stark, dafür aber schöpferisch und assoziativ. Sie erschaffe eine neue, eine unecht-metaphysische Wirklichkeit, und zwar entlang dreier Assoziationskriterien: (a) Ähnlichkeit (‚resemblance‘), (b) Zusammenhang von Wahrnehmungen in Raum und Zeit (‚continuity in time or place‘), (c) Zusammenhang von Wahrnehmungen im Ursache-Wirkung-Verhältnis (‚relation of cause and effect‘).

Sowohl Eindrücke als auch Vorstellungen wusste Hume mit unterschiedlicher Komplexität ausgestattet. Perzeptionen könnten auch entsprechend dieses Komplexitätsmaßes eingeteilt werden, also entweder einfach oder zusammengesetzt sein. Einfache (‚simple‘) Perzeptionen könnten als einfache Eindrücke (‚impressions‘) nicht nochmals unterschieden werden, während sie als einfache Vorstellungen (‚ideas‘) auf einfachen Eindrücken beruhten. Zusammengesetzt (‚complex‘) aber seien jene Perzeptionen, die in Teile, nämlich in einfache Perzeptionen/Eindrücke (‚impressions‘) zergliedert werden könnten. So etwa könne die Komplexität eines wahrgenommenen Apfels zerlegt werden in je eine spezifische Farb-, Geschmacks- und Geruchswahrnehmung, von denen ihrerseits jedoch keine nochmals zerlegbar sei.

Hume argumentierte, dass alle Vorstellungen – dass also die ‚ideas of memory‘, die ‚ideas of imagination‘ und die ‚ideas of fancy‘ – zurückgeführt werden könnten auf Eindrücke, also entweder auf ‚impressions of sensation‘ oder auf ‚impressions of reflexion‘, auf äußere oder innere Erfahrungen. Jene sind ihm aber nicht in jeder Hinsicht Nachbildungen dieser. Die Behauptung, Vorstellungen und Eindrücke seien einander ähnlich, wird von Hume mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass vielen zusammengesetzten Vorstellungen keine entsprechenden Eindrücke vorausgingen und dass viele zusammengesetzten Eindrücke niemals in Vorstellungen nachgebildet werden. So könnte man sich etwa eine Stadt wie das Neue Jerusalem vorstellen und in dieser Stadt gebe es möglicherweise Straßen aus Gold und Mauern aus Rubinen, obwohl solche niemals gesehen wurde. Wohl aber gingen, so Hume, alle diese Vorstellungen auf einfache Eindrücke zurück. Jeder einfachen Vorstellung entspräche ein einfacher Eindruck, wie es umgekehrt für jeden einfachen Eindruck eine ihm entsprechende einfache Vorstellung gäbe. Dann aber würden diese einfachen Vorstellungen zusammengefügt, und zwar nach den Regeln jener ‚idea‘, die gerade aktualisiert ist, also entweder nach jenen der ‚memory‘, der ‚imagination‘ oder der ‚fancy‘.

Bei Hume ging also alles Erkennen auf sinnliche Eindrücke (‚impressions‘) zurück. Alles Erkennen war ihm entweder ein sinnlicher Eindruck (‚impressions of sensation‘ oder ‚impressions of reflexion‘) oder aber eine Funktion sinnlicher Eindrücke. Menschen erkennen Eindrücke. Dies ist gleichsam das empiristische Grundprinzip: Alle einfachen Vorstellungen stammen aus einfachen Eindrücken, welche sie genau wiedergeben. Damit aber erkennt das Erkennen weder Welt noch Wirklichkeit. Humes Methode war offensichtlich nicht nur induktiv, sie tendierte zudem zu einem Solipsismus. Man gelange niemals auch nur einen kleinen Schritt über sich selbst, über das Dasein der Perzeptionen hinaus, die in der ‚engen Sphäre‘ des eigenen Bewusstseins auftreten.

Der Mensch verfügt über keinerlei Vorstellung, die außerhalb des ‚Universums der Einbildungskraft‘ läge. Die Einbildungskraft verknüpft die Eindrücke, ohne sich an den Ursprungsort einfacher Eindrücke zu binden, an die ‚impressions of sensation and reflexion‘. Damit mangelt es dem hier assoziierten Wirklichkeitsbild an Objektivität/Wirklichkeit. An ihrer statt eröffnen ausschließlich einzelne sinnliche Eindrücke einen Zugang zur Wirklichkeit. Schon die Verknüpfung zweier dieser Einzeleindrücke folgt den Assoziationsneigungen der Einbildungskraft, mithin einer gewissen Gewohnheit (‚a certain costum of habit‘). Die Einbildungskraft folgt dem Maßstab der Lebensnützlichkeit und der Neigung des Menschen, seinen Sinneswahrnehmungen nicht zu trauen. Diese Gewohnheit kann zum irrigen Glauben (‚belief‘) an die Wirklichkeit assoziiert-verbundener Zusammenhänge führen. Die Kritik Hume gilt also der unkontrollierten Einbildungskraft, da sie (einfache wie verbundene) Vorstellungen erzeuge und zur Grundlage von Metaphysik gemacht werde.

Über diese empiristische Beschreibung und Würdigung der Perzeptionen im Rahmen seiner erkenntniskritischen Grundlagenwissenschaft hinaus transformierte Hume das empiristische Grundprinzip des Erkennens auch in ein ebenso empiristisches Grundprinzip/Sinnkriterium sprachlicher Ausdrücke. Und zwar in ein Sinnkriterium jener sprachlichen Ausdrücke, die in wissenschaftlichen oder philosophischen Texten und Reden verwendet werden. Damit in ihnen sprachliche Ausdrücke/Begriffe sinnvoll verwendet werden können, müsse ihnen, so Hume jetzt weiter, eine Erfahrung zugrunde liegen. Immer dann, wenn dies nicht der Fall sei, hätten sie als sinnlos zu gelten. Von allen Beimischungen der Einbildungskraft daher müssten sprachliche Ausdrücke befreit, ihnen müsste die wahre Bedeutung zurückgegeben werden. Hume schlägt vor, jeden sprachlichen Ausdruck durch ein ‚Mikroskop oder eine Art optisches Instrument‘ zu prüfen. Als Prüflinse dieses Mikroskops installierte er die Regel, zu jeder Perzeption eine – ihrem sprachlichen Ausdruck korrespondierende – Impression oder aber das Abbild einer Impression angeben zu können, das diesem Ausdruck korrespondiert. Immer dann, wenn eine solche Prüfung negativ ausfalle, also im Bewusstsein weder das eine noch das andere zu finden möglich sei – immer dann, wenn weder eine dem sprachlichen Ausdruck entsprechende Impression noch ein ihm entsprechendes Abbild einer Impression angegeben werden könne –, habe der sprachliche Ausdruck als sinnlos zu gelten, dürfte er also nicht verwendet werden.

Unter dieses Mikroskop der Erkenntnis- und Sprachkritik gelegt, diagnostiziert Hume das vollständige Scheitern bisheriger Metaphysik. Denn sie habe sich überschätzt. Sie habe die Reichweite nicht erkannt, die sprachliche Ausdrücke aufgrund der Natur des Erkennens haben. Sie habe nicht beachtet, dass „unsere Senkleine […] nicht lang genug [ist], so ungeheure Abgründe zu loten“ (D. Hume, EHU / UMV, 87f.). Der Blick durch das Mikroskop zerschneidet die Senkleine metaphysischen Sprechens.

Dieser Blick wird einem anderen Denker erkenntniskritischen Philosophierens – wird dem anderen Denker erkenntnis-/urteilskritischen Philosophierens – Jahrzehnte später zum Erweckungserlebnis werden: Immanuel Kant. Hume schmiss in Anbringung seines Sinnkriteriums / seiner Gebrauchsregel sprachlicher Ausdrücke die bisherige Metaphysik über Bord. Die Möglichkeitsbedingungen metaphysischer Sätze sind ihm unerfüllbar, alle bisherigen philosophischen Fundament- und Grundlegungen haben aufgrund Humes universalisierter Phänomenologisierung und Subjektzentrierung des Erkennens und Wissens als obsolet zu gelten, ihnen entspreche keine tatsächliche Erfahrung, keine (einfache) Impression.

2      Phänomenologisierung und Subjektzentrierung

Humes Erkenntnis- und Sprachkriterium bedingte eine Phänomenologisierung und Subjektzentrierung des Denkens. Alle Evidenzen bisheriger Metaphysik sind dadurch pulverisiert. Zunächst ist die Phänomenologisierung von Raum und Zeit zu nennen, also die Phänomenologisierung der Bindung bisherigen wissenschaftlichen und philosophischen Sprechens an die Erfahrung von Raum und Zeit: Newton hatte in Abgrenzung von der antiken und mittelalterlichen Naturphilosophie einen Begriff des Raumes formuliert, demnach dieser (a) das dreidimensionale Bezugssystem von (als Initial- bzw. Koordinatensysteme definierten) Objekten ist, (b) deren Eigenschaftsbeschreibungen indifferent sind für den Zustand der Ruhe und der gleichförmigen Bewegung. Und da die von Newton übernommene cartesianische Identität von Räumlichkeit und Körperlichkeit den Gegenstandsbereich der Physik nicht mehr eine Vielzahl von Körper-Seienden, sondern ein Materiekontinuum sein ließ, besaß der Newtonsche Raum (c) keine physikalischen, sondern nur geometrische Eigenschaften.

Durch Humes universales Phänomenologisierungsmikroskop betrachtet, war nun aber sofort klar, dass weder dem Raum noch der Zeit ein Eindruck (‚Impression‘) entspricht: Perzipiert (erfahren) werden kann weder der Raum als solcher noch die Zeit als solche. Daher ist das (philosophische oder wissenschaftliche) Sprechen von Raum und Zeit in Maßgabe Humes sinnlos. Wer dies dennoch tue, missachte die Grenzen der Sprache, verwende sie missbräuchlich. Jegliches Sprechen darüber, dass sich etwas im Raum befindet oder bewegt, muss also über Bord geworfen werden, sobald wir auf dem von Hume gesteuerten Schiff philosophischen und wissenschaftlichen Denkens stehen. Raum und Zeit sind bei Hume lediglich Prinzipien, kraft derer das Bewusstsein Eindrücke und Vorstellungen nebeneinander (‚Raum‘) und nacheinander (‚Zeit‘) anordnet.

Humes Phänomenologisierung von Raum und Zeit, also die Entbindung wissenschaftlichen und philosophischen Sprechens von der (prinzipiell unmöglichen) Erfahrung von Raum und Zeit war äußerst folgenreich: Indem Zeit und Raum darin erkannt waren, nicht erfahren zu werden (und daher nicht erkannt werden zu können), sondern  lediglich bewusstseinsinszenierte Ordnungsprinzipien des tatsächlich Erfahrenen zu sein – und tatsächlich erfahren wird ein Nebeneinander und ein Nacheinander (ein ‚post-hoc‘), niemals aber ein Ordnungsprinzip (zB Raum und Zeit) –, war auch jede weitere Eigenschaft oder Folgerung, die einst im Sprechen von Raum und Zeit formuliert oder aus ihm deduziert worden war, der Illusion überführt. Sie entstamme der schöpferischen Erfindungskraft (‚imagination‘) des Bewusstseins. Eine dieser Folgerungen ist das wechselweise Sprechen von Ursachen und Wirkungen. Auch diese werden nicht erfahren/erkannt, auch ihnen liegt innerhalb der Voraussetzungen Humes lediglich die Abfolge einfacher Impressionen, nicht aber eine einfache Impression zugrunde. Menschliche Beobachtungen und Erfahrungen würden aufgrund häufiger Wiederholungen lediglich eine Gewohnheit (‚costum‘) erzeugen, die ihrerseits die Einbildungskraft (‚imagination‘) nötige, sich nicht mehr nur den betreffenden Gegenstand, sondern zusätzlich eine Art ständigen Begleiter dieses Gegenstandes vorzustellen, nur um dann beim nächstmaligen Eindruck (‚impression‘) zu einer lebhafteren Vorstellung des nunmehrigen Gegenstandes überzugehen. Das Nacheinander (‚post-hoc‘) der einfachen Impressionen würde sich so im (irrigen) Sprechen von Ursache und Wirkung ungerechtfertigter Weise in ein Wegeneinander (‚propter-hoc‘) verwandeln.

3      Zersetzung metaphysischer Prinzipien

Wir sehen, dass Hume jedes Sprechen von Raum und Zeit aus dem Bereich von Wissenschaft und Philosophie verabschiedet. Zudem setzt er an die Stelle des Sprechens von Ursache und Wirkung das Sprechen von einem Nacheinander (‚post-hoc‘). Mit Hume waren viele der bisher üblichen Grundannahmen und Prinzipien menschlichen Erkennens und Sprechens dem sezierenden Blick durch die Mikroskope erlegen. Über Bord gingen – gingen also mit der Phänomenologisierung, mit der Bindung wissenschaftlichen und philosophischen Sprechens an elementare Erfahrungsdaten – auch und zuvorderst die vier Prinzipien klassischer Metaphysik. Sie wurden von Hume demaskiert als Resultate sinnwidrigen und missbräuchlichen Sprechens (was freilich nicht verhindern konnte, dass sie, unter Vermittlung der Kant’schen Philosophie, nur wenige Jahrzehnte später zu Pfeilern absolut-idealistischer Philosophie modifiziert und transformiert werden sollten):

  1. Sinnlos ist das Sprechen von Kausalität, zu verwerfen daher das (bei Leibniz noch zentrale) Kausalitätsprinzip, demnach alles Wirkliche effizienz- oder finalursächlich zusammenhängt.
  2. Sinnlos ist das Sprechen von Substanzen, zu verwerfen daher das (bei Spinoza noch zentrale) Substantialitätsprinzip, demnach alles Wirkliche entweder selbstständiges (substantielles) oder unselbstständiges (abhängig-akzidentielles) Sein ist.
  3. Sinnlos ist auch das Sprechen von einem mit sich identisch-zeitüberdauernden Selbstbewusstsein, zu verwerfen daher das (in künftiger subjekt- und absolut-idealistischer Philosophie so zentrale) Identitätsprinzip, demnach sämtliche wechselnden Bewusstseinsinhalte auf ein (mit sich identisch bleibendes) Ich bezogen sind.
  4. Sinnlos ist das Sprechen von einer obersten Ursache, zu verwerfen daher das (der bisherigen christlichen Glaubensreflexion und Theologie, sodann aber auch dem Descartes so zentrale) Prinzip der obersten bzw. letzten Ursache, demnach alles Wirkliche von Gott erschaffen ist und daher nur dann verstanden werden kann, wenn es auf Gott bezogen wird.

Unter dem empiristisch-impressionistischen Mikroskop Humes wird klar, dass auch die Prinzipien, welche die Zusammensetzung der Perzeptionen (Eindrücke, Vorstellungen) leiten, Resultate der Einbildungskraft und Gewohnheit sind. Als Regeln der Verknüpfung der Erkenntnistatsachen in die Philosophie eingeführt, ist den genannten Prinzipien im (empiristischen) Elementarsystem Humes jede Geltungsgrundlage entzogen. Insofern Philosophie also (i) über Tatsachenwahrheiten (‚matters of fact‘) redet, muss sie dies tun, ohne auf diese Prinzipien zurückzugreifen. Eben darin besteht ja der Empirismus Humes. Und insofern Philosophie (ii) über Vernunftwahrheiten (‚relation of ideas‘) redet, kann sie dies ohne besagte Prinzipien tun, da zwischen solchen (logisch abgeleiteten oder intuitiv gewissen) Wahrheiten – zB den Sätzen der Geometrie, Algebra und Arithmetik – eindeutig-stringente Beziehungen bestehen und sie keines Tatsachenbezugs, sondern lediglich logischer Explikation bedürfen.  Von allen vier Prinzipien aber, und zuvorderst vom Kausalitätsprinzip, gilt dies nicht. Weder verbleiben sie im Bereich jener Erfahrungstatsachen noch agieren sie als diese Vernunftwahrheiten. Bei Annahme der Voraussetzungen Humes stellt sich daher die Frage, woher diese metaphysischen Prinzipien stammen und was für ihre Geltung spricht. Hume Antwort ist eindeutig. Er führt sie genealogisch auf eine Gewohnheit (‚custum‘) zurück, die ihrerseits einer Nützlichkeit entspringe. Weder diese Prinzipien noch die von ihnen eingerichteten (metaphysischen) Ordnungen und Zusammenhänge hätten irgendeine objektive, gar philosophische oder wissenschaftliche Geltung. Sie gehörten aus dem Kanon der Wissenschaften und Philosophie eliminiert.

Im Rahmen der Phänomenologisierung von Raum und Zeit fanden wir von Hume bereits das Kausalitätsprinzip zurückgewiesen. Da jedes der anderen drei Prinzipien seinerseits ein Verursachungsverhältnis anzeigt, sind auch sie genalogisch-empiristisch widerlegt, als Nützlichkeits- bzw. Gewohnheitssätze demaskiert: (a) Im philosophischen Sprechen von Akzidenzien werden diese in Abhängigkeit von Substanzen gesetzt; (b) im philosophischen Sprechen von einem Selbstbewusstsein ist dieses seit Descartes Möglichkeitsbedingung des Erkennens überhaupt; (c) im philosophisch-theologischen Sprechen von Gott ist dieser als (effizienter und finaler) Grund der Wirklichkeit im Ganzen evident.

Im Einzelnen erhob Hume gegen das Substantialitätsprinzip – dagegen also, dass man, so die empiristische Lesart Humes, Substanzen annimmt, um für die Eindrücke (‚impressions‘) der Gegenstände (‚objects‘) einen Bezugspunkt haben und den Gegenständen eine Wirklichkeit zuschreiben zu können, die von der menschlichen Wahrnehmung unabhängig ist – zwei Einwände, die uns jetzt schon vertraut sind: Zum einen könne, dies die solipsistische Tendenz Humes, (a) menschliches Erkennen und Sprechen niemals über die sinnliche Erkenntnis (‚impressions‘) hinausgelangen. Und zum anderen (b) beruhe jede Verknüpfung von Eindrücken auf Einbildung (‚imagination‘). Dies gelte daher auch von jener Verknüpfung, die Eindrücke zu einer Substantialität verbindet oder auf sie bezieht. Wobei es für Humes Argumentation unerheblich ist, ob die von Aristoteles, Thomas von Aquin oder Leibniz indizierten Einzelsubstanzen oder aber die von Spinoza inszenierte (monistische) Einheits- bzw. Gott-Substanz als ‚Substantialität‘ in Szene gesetzt wird.

Gegen das Identitätsprinzip im Bereich des Selbstbewusstseins – dagegen also, dass man, so die empiristische Lesart Humes, das Substantialitätsprinzip auf das menschliche Selbstbewusstsein anwendet – wandte Hume ein, dass mit der Hinfälligkeit des Substantialitätsprinzips auch das Sprechen von einem mit sich identisch bleibenden Selbstbewusstsein hinfällig geworden ist: Wenn die Eindrücke, die wir von der Wirklichkeit haben, auf keinen einheitlichen Bezugspunkt (‚Substanz‘) bezogen sind, können sie auch nicht auf eine Ich-Substanz bezogen sein, von der dann noch zusätzlich behauptet wird, dass sie diese Eindrücke empfangen, überblicken und ordnen würde. Und dann sei es auch sinnwidrig, von einer obersten und letzten Ursache zu sprechen, die als Schöpfergott thematisch wäre. Indem damit (substantielle) Gegenständlichkeit und (substantielles) Ich als Fiktionen erkannt sind, deren einziger tatsächlicher Wirklichkeitsgehalt das Mit- oder Nacheinander einzelner Perzeptionen ist, ist bei Hume auch die Rede von Gott hinfällig geworden. Hume warnte davor, sich von den Eindrücken (‚impressions‘) zu lösen und an der ‚Senkleine‘ der Begriffe irgendwelche Abgründe auszuloten. Jede Vorstellung von Gott sei Produkt unserer Einbildungskraft bzw. Gewohnheit.

4      Grenzen empiristischer Argumentation

Hume ließ seine als echte Metaphysik operierende Erkenntniskritik ausschließlich von den natürlich-unmittelbaren Bewusstseinsgehalten bzw. -akten (‚perceptions‘) ausgehen. Diese waren den Sätzen der Humeschen Erkenntniskritik-Metaphysik aber nicht nur Ausgangspunkt, sondern auch einziger Gegenstand und hinreichendes Verifikationsprinzip: Die Sätze echter Metaphysik sind natürlich wahr. Darin, diese Entscheidung von Anfang bis Ende, in aller Konsequenz und in allen Bereichen der Philosophie durchzuhalten, bestand Humes Programmatik. Aussagbar ist ausschließlich das, was der menschliche Verstand aufgrund eines natürlichen Instinkts (‚natural instinct‘) annehmen muss. Dies die Grundintuition allen Empirismus. Sie verdankte sich bei Hume der Stärke und Heftigkeit dieser Eindrücke (‚impressions‘): Das Erkennen erkennt Eindrücke, es erkennt nicht Welt noch Wirklichkeit. Jedes Verknüpfen einfacher Eindrücke (durch die Einbildungskraft) missachtet die (natürliche) Erkenntnisordnung und assoziiert gegen die empiristische Notwendigkeit ein nicht-objektives Bild der Wirklichkeit. Mag die Realisierung der (von keinen Impressionen kontrollierten, der gänzlich unkontrollierten) Einbildungskraft durchaus noch den Belangen des (alltäglichen) Erkennens geschuldet sein – dem wissenschaftlichen wie philosophischen Sprechen ist sie bei Hume versperrt.

Alle Ordnungsprinzipien des Wissens, jedes Erkennen, jede Verbindung bzw. Synthese, die nicht jenem tatsächlich Erfahrenen entspricht, muss eliminiert werden. Damit aber müssen schlechthin alle Ordnungsprinzipien aus dem Erkennen eliminiert werden. Statt Ordnung kann es bei Hume nur noch Reihung geben. Reihung im Duktus des Nacheinanders (anstatt des bewusstseinsinszenierten Ordnungsprinzips ‚Zeit‘) oder im Duktus des Beieinanders (anstatt des bewusstseinsinszenierten Ordnungsprinzips ‚Raum‘). Das Erkennen ist eingeschränkt. Vom Erkennen so, wie es in der philosophischen Tradition – unter Absehung der nominalistischen Ansätze – selbstverständlich war, bleibt nicht mehr viel übrig.

Es ist dies eine Konsequenz empiristischen Denkens, die schon den Anfängen der Philosophie bei Platon beiwohnte. Denn dieser war dem Skeptizismus der Sophisten entgegengetreten in Aufweis und argumentativer Nutzung eines ursprünglichen synthetischen Aprioris. Platons Konzeption war jedoch derjenigen Humes entgegengesetzt: Da alles Erkennen niemals nur (empirische) Wahrnehmung ist, kann und muss die Philosophie gerade (und letztlich ausschließlich) das nicht-empirische Apriori, kann und muss sie die ordnende Synthese als solche gegenständlich setzen. Und sie setzt das Denken nicht nur gegenständlich, sondern macht es zu ihrem Formalprinzip und Subjekt der Philosophie. Hume hingegen eliminiert es und zahlt dafür einen hohen Preis. Ihm ist jede Ordnung verwehrt, möglich ist ihm nur die Summenbildung. Als Erkennen verbleibt lediglich die Reihen- oder Beieinandersummierung von Elementen, von Eindrücken (‚impressions‘). Und selbst diese Summenbildung ist problematisch. Humes Erkenntniskritik-Metaphysik will sich auf das Natürliche beschränken, auf Elemente natürlicher Eindrücke, aufgrund nicht zuletzt deren Intensität. Alles, was erkannt werden kann, sind diese Elemente und ist das, was aus einer Abfolge oder aus einem Beieinander dieser Elemente induktiv gefolgert werden kann. Jedoch könnten Sätze, deren Wahrheit induktiv gesichert ist, aus prinzipiellem Gründen nicht notwendig, nicht zweifelsfrei wahr sein: Eine Übertragung beobachteter Daten auf (nicht-beobachtete) künftige Daten ist logisch unzulässig:

Dass jeder induktive Folgesatz das Resultat ist nur einer nicht-logischen, zB gewohnheitsmäßigen (‚custum‘) und unwissenschaftlichen Übertragung, liegt an der für diese Argumentationsmethode typischen Ermangelung eines Mittelbegriffs. Weswegen ein induktives Argument ja aus lediglich zwei Sätzen bestehen kann, im Gegensatz zum deduktiven Argument, das aus (zumindest) drei Sätzen besteht (denn die Streichung eines in zwei Sätzen vorkommenden Mittelbegriffs ermöglicht die Formulierung eines neuen, eines dritten Satzes, der Konklusion). Ein Induktionsschluss ist damit eigentlich, so zumindest sieht es Hume, kein Schluss. Um zwingend (logisch) wahr zu sein, müsste er in einen Deduktionsschluss transformiert werden, etwa, indem man die Tatsache, etwas beobachtet zu haben, zum Mittelbegriff macht und als zweite Prämisse einen Satz ergänzt wie: „Alles einmal Beobachtete ist unter definierten Bedingungen bei wiederholter Beobachtung konstant bzw. gleichförmig“. Doch würde diese Behauptung wohl von niemandem (und ganz sicher nicht von Hume) als wahr akzeptiert werden. Der Induktionsschluss ist nicht zwingend.

Jede Einigung erfolgt entsprechend eines Einigungsprinzips. Sie erfolgt in (zumindest impliziter) Anerkenntnis eines Prinzips der Synthese. Ein solches jedoch ist bei Hume und in jeder empiristischen Argumentation von vornherein ausgeschlossen. Denn Einigungsprinzipien gelten als bloße Vorstellungen, resultierten aus fantasierend-schöpferischer Einbildungskraft, aus schlechter/unechter Metaphysik. Kein Prinzip ist empiristisch akzeptabel, das anderes besagte als das Nach- oder Beieinander. Dem natürlichen Erkennen obwaltet keine darüberhinausgehende Ordnung. Induktiv vorzugehen, mithin gegenwärtige Ereignisse aufgrund einer unterstellten Gleichförmigkeit von Gegenwart und Zukunft zu übertragen auf (alle) künftig zu erwartenden Ereignisse, macht aber genau dieses. Es unterstellt Gleichförmigkeit. Das Ordnungsprinzip des Induktionsschlusses ist Gleichförmigkeit. Induktiv zu schließen meint, unter Nutzung der Gleichförmigkeitshypothese (‚idea‘) Aussagen zu verallgemeinern, zu vermehren: Ausgesagt wird etwas über künftige Ereignisse, diese scheinen als Elemente einer Menge desselben Typs auf: Der Satz: „Heute ist der Fall, dass…“ wird im Induktionsschluss vermehrt um den Satz „Morgen ist der Fall, dass…“ Wohingegen in dediktiven Schlüssen Sätze lediglich expliziert werden. Oder auch: Induktionen sind gehaltserweiternd, (synthetisch), Deduktionen gehaltsexplizierend (analytisch).

Hume lehnte die Hypothese der Gleichförmigkeit ab. Denn er lehnte jede ‚idea‘ ab, die nicht auf Eindrücke zurückgeführt werden kann. Mit der Gleichförmigkeit lehnte er Verallgemeinerungen, mit diesen den Induktionsschluss ab. Was bleibt, ist bloße Gewohnheit, der Glaube (‚belief‘, nicht ‚faith‘). So in der Bewältigung des Alltags, so in der Alltagssprache. Was bleibt, ist bloße Wahrscheinlichkeit. So in der Wissenschaft, so in der Philosophie. Was bleibt, sind Hypothesen. Und selbst sie bleiben nicht, zumindest nicht in der Wissenschaft und Philosophie. Das erkenntnismetaphysische wie wissenschaftstheoretische Grundprogramm der Empiristik Humes scheitert. Oder besser: Unter Humes Voraussetzung ist es nicht möglich, Wissenschaften, gar Philosophie, außerhalb bloßer Erkenntnisgenealogie oder Erkenntniskritik zu betreiben.

Philosophie kann sich prinzipiell auf derartige Begrenzung einlassen. Sie kann sich damit begnügen, lediglich Erkenntnis-, Urteils- und Sprachkritik zu sein. Eine Einschränkung ist dies aber, zugunsten derer kohärent zu argumentieren schwerfallen dürfte. Und eine Enthaltsamkeit ist dies, für die zu optieren und die durchzuhalten spätestens dann die Evidenz des Mangels mit sich führt, wenn sich die Fragen nach einer guten, gelingenden Lebensführung stellen. Und genau diese Fragen stellen sich, sobald das lebensweltliche Apriori wissenschaftlichen Tuns in den Blick genommen wird. Aber immerhin: Enthaltsamkeit ist eine Option der Philosophie. Keineswegs ist sie aber eine Option der (neuzeitlichen) Wissenschaft. Denn diese strebt nach Neuem, nach Fortschritt, auch (und nicht zuletzt) nach dem Erfolg technisch-ökonomischer Verwertung. Sie will Aussagen machen über das, was jetzt und künftig der Fall ist und (regelmäßig-gleichförmig) der Fall sein muss. Sie will Aussagen machen über einzelne zukünftige Ereignisse. Dies ist aber im Rahmen einer Wissenschaftspraxis, die auf die Protokollierung einfach-natürlicher Eindrücke beschränkt wird, unmöglich. Entweder wird sie daher nur noch (statistische) Gewohnheiten/Wahrscheinlichkeiten konstatieren. Sie würde dann das künftige Einzelereignis als solches aus ihrem Blick verbannen. Oder aber sie wird sich auf den Lackmustest der Wissenschaftlichkeit einlassen, mithin notwendig und allgemein wahre Aussagen über ein Einzelereignis machen. In diesem Fall aber bedürfte sie der Annahme von Einigungs- bzw. Ordnungsprinzipien, ihre Methode wäre hypothetisch, sprich: Sie müsste als ordnungsprinzipiengeführtes Schlussverfahren agieren. Dann aber hätte sie die empiristische Grundposition verlassen. Kurz: Eine empiristische Wissenschaft, die Aussagen macht über ein notwendig-sicheres künftiges Einzelereignis, ist unmöglich.