Der moderne Kontraktualismus ist Teil der Pflicht- bzw. Willensethik. Für diese – für die deontologische Ethik (von griech. ‚deos‘, ‚Pflicht‘) – ist ‚gut‘ keine Eigenschaft einer Handlung oder deren Folgen, sondern der Absichten und des Willens der Handelnden.

Im Kontraktualismus orientiert sich das Handeln an Verträgen – ‚gut‘ ist die Eigenschaft eines Vertrages, den die Mitglieder einer Gesellschaft aufgrund wohlbegründeter Absichten miteinander schließen.

Auch für Thomas Hobbes (1588-1679) ist eine Handlung gut, wenn sie dem vereinbarten ‚Einklang von Individual- und Gemeinschaftsinteressen‘ entspricht. Gut ist eine ‚gerechtes‘, ein ‚vereinbarungsgemäßes‘ Handeln. Hobbes meint, dass jeder Mensch von natürlichen Begierden und dem ‚Gesetz des Eigennutzens‘ bestimmt ist. Diese sind ihm der natürliche Maßstab des Handelns, der natürliche Maßstab von Recht und Gerechtigkeit ist. Oder auch: Im ‚Naturzustand‘ ist „der Mensch […] dem Menschen ein Wolf“ („Homo homini lupus est“; Th. Hobbes, Elemente der Philosophie. Teil 2/3: Vom Menschen. Vom Bürger, Hamburg 1994, S. 59) weshalb ein ‚Krieg aller gegen alle‘ (‚bellum omnia contra omnes‘) unvermeidlich wäre, sollten die Menschen in diesem Naturzustand verfangen bleiben.
Hobbes geht davon aus, dass die Menschen jedoch angesichts dieses drohenden Krieges untereinander freiwillig ihren ‚Naturzustand‘ verlassen und Kooperationsvereinbarungen schließen, ihr Handeln also freiwillig einschränken. Eben dies würden sie durch ‚Verträge‘, durch ‚Kontrakte‘ (von lat. ‚contrahere‘, ‚zusammenbringen‘, ‚vereinigen‘) machen. Sie würden dies jedoch nur dann und nur so lange tun, wie ein derartiger Verzicht für sie selbst vorteilhaft ist. Der Philosoph Ernst Tugendhat bezeichnet derartige Kooperations- bzw. Gerechtigkeitsvereinbarungen daher als ‚bedingte Abmachung‘ und führt als Beispiel eine nächtliche Autofahrt an:  Kommt mir ein Auto entgegen, blende ich das Fernlicht ab, wenn der Entgegenkommende dieses auch tut. Handelt dieser nicht so, hätte ich das Gefühl und fühlte ich mich im Recht, sofort wieder aufblenden zu müssen.

  1. Menschen verhalten sich nur dann kooperativ, wenn sie dadurch ihre individuellen Interessen und Vorteile wahren (und nur so lange, wie auch die anderen kooperieren). Damit derartige Kooperationsvereinbarungen angesichts der tatsächlichen Interessengegensätze und Begierden der Menschen eingehalten werden, bedürften sie einer zusätzlichen Kontroll-, Rechts- und Sanktionierungsinstanz. Hobbes nennt sie ‚Leviathan‘.
  2. Zur Wahrung der Eigeninteressen müssen bei Kooperationsvereinbarungen die beteiligten Parteien einen Teil ihrer Souveränität abgeben und auf eine neue Souveränität (auf den Leviathan) übertragen, damit diese die Kooperationsvereinbarung überwachen und im Falle eines Bruchs sanktionieren kann.

Das Gelingen und Fortbestehen jeder Vertragsgemeinschaft setzt gewisse moralische Fähigkeiten voraus. Hobbes nennt sie ‚natürliche Gesetze‘:

  1. Die ‚Goldene Regel‘: Sei zufrieden mit der Freiheit, die du durch den Vertrag erhältst.
  2. „Pacta sunt servanda‘: ‚Verträge sind einzuhalten.
  3. Jeder sei jedem nützlich.
  4. Alle Menschen sind von Natur gleich.
  5. Beleidigungen sollen, bei Reue, vergeben werden.
  6. Der Zweck von Strafen ist nicht Vergeltung, sondern Abschreckung und Besserung des Täters.
  7. Selbstjustiz ist verboten.
  8. Ein Richterspruch muss akzeptiert werden.
  9. Gemeinsamer Besitz muss gemeinsam und gleich genutzt werden.
  10. Wo der Besitz nicht gleich aufgeteilt werden kann, entscheidet das Los oder das Erstgeburtsrecht.