„Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem Schritt, nie. Sondern mit vielen kleinen, von denen jeder zu klein schien für eine große Empörung. Erst wird gesagt, dann wird getan.“ (M. Köhlmeier).
Wir haben des Kurzen Kanzlers Worte noch in unseren – freilich schmerzenden – Ohren, sein Gespreche von einer „Achse der Willigen“ und von einem Österreich, dem „nichts zum Nachteil“ gereichen soll. Und wir haben auch noch der Kleinen Hartingers Sozial-Fluch(t) vor – freilich schummrigen – Augen. Wir hören und sehen, was passiert, wenn sie Hand in Hand gehen, die Kurzen und die Kleinen und, nicht zu vergessen, die Kickligen: Die kleinen Schritte passieren, erst schleichen sie, dann stampfen und schreiten sie hinweg, am liebsten und todsicher über die, die eh schon am Boden liegen – die Schritte, die das große Böse sind und zum noch größeren Bösen führen.
Erst wird gesagt, dann wird getan. Sie müssen es sagen, um es tun zu können. Denn wenn Taten schrecklich sein sollen und böse, dann, ja dann müssen Worte her, um jene ins böse Licht zu stellen, deren Tat das Böse nicht war und nicht sein wird, die aber Opfer waren und sein sollen der bösen Taten dieser, der Kurzen und Kleinen und, nicht zu vergessen, der Kickligen. Die Täter schlagen zweimal zu, erst reden sie und dann tun sie. Und die Opfer sind zweimal Opfer, erst wortverhetzt, dann aus ihrer Heimat vertrieben, ersoffen, gemordet. Oder wortverhetzt, dann ökonomisch ausgebeutet und kapital-versklavt, in Österreich oder anderswo, die tariflichen Wenigverdiener/innen und Mindestlohnbezieher/innen, die staatlich Sozial-Marginalisierten, ohne Familie oder mit, Alleinerziehende, in den Städten oder am Land.
Im Schulterschluss nun und heute und in Innsbruck: Sie sitzen beisammen, sie, die Innenminister, die Wort- und Schlagdiabolen Europas, rot-weiß-rot, schwarz-rot-gold und grün-weiß-rot. Ganz vorne sind sie und in gewalttätiger Einheit: Zu sichern seien die Grenze, zu blockieren die NGO-Rettungsschiffe im Mittelmeer, zu kasernieren jene, die vor Krieg, Hunger und Elend fliehen müssen (und am besten zu kasernieren außerhalb Europas und ebenso am besten in den Prügel-, Vergewaltigung- und Mordzentren Afrikas, bevorzugt Libyens). Menschenrecht auf Asyl? Menschenrecht auf Nahrung? Menschenrecht auf Leben? Menschenrecht auf Bildung? Hinweg damit und möglichst schnell!
Die Bösen, die Gefährlichen, die Sicherheitsrisiken – all das sind immer die anderen. So das Innenleben der Wort- und Schlagdiabolen Europas, der Kurzen, der Kleinen und, nicht zu vergessen, der Kickligen, in Österreich und überall auf der Welt. Was müssen diese Kurz-Klein-Kickligen erlebt haben an Traumen der Angst und Minderwertigkeit, damals, als sie (noch) kürzer und kleiner (und, nicht zu vergessen, noch kickliger) waren und allein, als sie sich nicht zu helfen wussten und Opfer waren, Mama nicht da war und die Welt so bedrohlich und groß, so unüberschaubar, so schranken- und grenzenlos. Da half ihnen nur die Flucht – die Flucht hinter die Schranken, jenseits derer die Welt der anderen Menschen zu liegen und zu bleiben hatte, die Welt der unüberschaubar vielen, der großen, der bedrohlichen Menschen. Und die Flucht hinter die Schranken, diesseits derer sie sich sicher fühlen konnten und geschützt, schreiend in Worten und um sich schlagend in Taten immer dann, wenn ihnen die Welt gar zu nahe zu rücken drohte, das Leben und die Freiheit, die Lust und die Liebe – all das, was von innen kommt und ungesichert, was sich riskiert und öffnet, was einlädt und Gast ist. All das durfte von da an nicht und darf nie mehr sein.
Die Angst regiert, bei den Kurzen, bei den Kleinen und, nicht zu vergessen, bei den Kickligen, in Österreich und überall auf der Welt. Daher mussten einst und dürfen von nun an nur noch Sicherheit sein und Ordnung, Österreichertum und Deutschentum. Je größer die Angst des kleinen Kindes war – und je größer die Angst jenes kleinen Kindes ist, das überlebt hat in den Kurzen, in den Kleinen und, nicht zu vergessen, in den Kickligen, in Österreich und überall auf der Welt –, desto beschränkter muss sie sein, die Welt, die einzige, in der sie (nicht zu leben, sondern nur noch) zu überleben fähig sind, die nationale Welt, die österreichische oder die deutsche oder welche Welt auch immer. Es ist dies das Schicksal der Kurzen, der Kleinen und, nicht zu vergessen, der Kickligen, in Österreich und überall auf der Welt: Aus Angst vor der Welt und vor dem Leben ein (Über-)Leben lang gezwungen zu sein, im Glanz der Welt zu stehen, in Öffentlichkeit und Prestige, in Erfolg und Achtung, in Geld und Besitz, lautstark und tatendurstig. Ein Leben lang gezwungen zu sein, zu stampfen und hinwegzuschreiten, am liebsten und todsicher über die, die eh schon am Boden liegen – die Schritte, die das große Böse sind und zum noch größeren Bösen führen. Ein Menschenführer- und Menschenverführertum, eine Angstmacherei, diese Welt – diese Welt, in der sie leben müssen, um überleben zu können. Was für ein Leben!?
Empört euch!
Erst wird gesagt, dann wird getan.
Empört euch!
Hinterlasse einen Kommentar