Schulische Unterrichtstätigkeiten lassen sich hinsichtlich ihrer Inhalte, Didaktik und Methodik spezifizieren. Diese Spezifizierung wird von den jeweiligen Fachdidaktiken und Lehrplänen vorgelegt. Für die Erarbeitung von Lehrplänen sind in Deutschland die einzelnen Bundesländer und ist in Österreich das nationale Bundesministerium für Bildung verantwortlich. Die Lehrplankonformität des Unterrichts zu garantieren fällt dann wiederum in die Hoheit der Bundesländer, besonders also in die Zuständigkeit der Landesschulräte. Derzeit gibt es in Österreich keinen einheitlichen und verpflichtenden Lehrplan für den Ethikunterricht. Denn Ethik kann hier nur als Ersatzpflichtfach oder als schulautonomer alternativer Pflichtgegenstand unterrichtet werden. Infolgedessen ist an österreichischen Schulen eine unüberblickbare Vielzahl von Lehrplänen installiert, wobei vielerorts ein in Salzburg entwickelter und 2007 modifizierter Lehrplan Verwendung findet, besonders in Salzburg und Niederösterreich. Keiner dieser Lehrpläne ist jedoch kompetenzorientiert, ein Sachverhalt, der besonders im Hinblick auf die Maturaordnung problematisch ist, die seit 2015 an den allgemeinbildenden höheren Schulen und seit 2016 auch an den berufsbildenden höheren Schulen gilt. Denn sie verpflichtet dazu, alle Maturaprüfungen kompetenzorientiert durchzuführen. Wie aber kann kompetenzorientiert geprüft werden, ohne zuvor kompetenzorientiert unterrichtet zu haben? In Reaktion auf diese Misere hat die Bundes-ARGE Ethik einen bundesweiten, kompetenzorientierten und modularisierten Empfehlungslehrplan für den Ethikunterricht entwickelt, mit dem Bildungsministerium abgestimmt und den Schulstandorten im Frühjahr 2017 über die Landesschulräte zur Verfügung gestellt.
Ein kompetenzorientierter Ethikunterricht muss von kompetenzorientierten Lehrplänen geleitet sein. Die in diesem ausgewiesenen Gehalte müssen sich im Falle des Ethikunterrichts als Resultat einer Operationalisierung von Ethik als philosophischer Reflexion auf Moral ergeben. Ein Lehrplan für das Fach Ethik einschließlich all seiner didaktisch-methodischen und inhaltlichen Bestimmung muss als Spezifikation der von diesem Fach repräsentierten Wissenschaftsdisziplin agieren. Im Fall des Ethikunterrichts ist dies die Philosophie. Die Unterrichtsarbeit im Gegenstand Ethik und die ihr entspringenden Kompetenzen müssen philosophischer Kompetenz entspringen. Und das bedeutet: Bevor überhaupt der formale Aufbau eines Lehrplans im Fach Ethik eingerichtet werden kann und bevor überhaupt die Gehalte eines solchen Lehrplans angegeben werden können, muss im Interesse formaler und inhaltlicher Konsistenz und Kohärenz solchen Tuns ein Begriff philosophischen Denkens formuliert und gerechtfertigt und darin eine Grundlegung vernünftig zustimmungsfähigen Sprechens entwickelt werden. Würde hingegen eine solche Grundlegung der Inhalte, Ziele und Kompetenzen unterlassen, hingen diese gleichsam in der Luft, sie wären beliebig und austauschbar. Sie agierten dann nur als Gehalte einer vielleicht pädagogischen oder psychologischen Reflexion, weit entfernt sogar von den Evidenzen vorcartesianischer, vorkantischer oder vorphänomenologischer Philosophie. Sie wären allesamt Zeugnisse schlechter Philosophie.
Eigentlich philosophisch ist ein Denken dann und nur dann, wenn ein Grunddenken ist bzw. einem Grunddenken entspringt: Philosophisches Denken ist kein Fühlen, keine Anschauung und keine Vorstellung, sondern Denken; und philosophisch ist ein Denken dann und nur dann, wenn es (i) das Ganze, (ii) das Unbedingte, (iii) die Identität beider und (iv) die Identität mit sich selbst, mit dem Denken denkt – wenn es also das „Ergründen des Vernünftigen“ (Hegel) ist. Daher muss ein Lehrplan, der das Unterrichtshandeln im Fach Ethik anleitet, seine spezifische Gestalt – auch und gerade im Kanon der übrigen schulischen Lehrpläne – durch ein Ergründen des Vernünftigen finden, durch eine bedeutungsklare und bedeutungskohärente Rede, durch eine idealtypische Praxis des Denkens.

Im Wissen darum, der Unterrichtstätigkeit im Fach Ethik (i) einen Lehrplan vorgeben und diesen (ii) philosophisch begründen zu müssen, wurde von der Lehrplan-Gruppe der österreichischen  Bundes-ARGE Ethik (Georg Gauß, Katja Gumhold, Brigitte Jakob, Michael Jenner, Thomas Müller, Evelyn Sponer, Helmut Stangl, Christoph Thoma, Thomas Waibel) zwischen November 2014 und Januar 2017 folgender Empfehlungslehrplan für den Ethikunterricht erarbeitet und sowohl dem Bundesministerium als auch den Landesschulräten und den Schulstandorten zur Verfügung gestellt.

Bundesweiter Empfehlungslehrplan für den Schulversuch Ethik (2017)

Der bundesweite Empfehlungslehrplan zum Ethikunterricht als Schulversuch (2017) ist aus sich heraus verständlich und hinreichend eindeutig. Daher kann er handlungs-, sprich: unterrichts(an)leitend sein. Gleichwohl mögen sich gerade dem sachkundigen Leser die ein oder anderen Fragen stellen, die ein oder anderen Unklarheiten einstellen. Grundsätzliche Klärungen bietet daher folgendes Beiblatt Lehrplan Ethik

Aus den maximal 24 Themenbereichen des Schulversuchs-Unterrichtsgegenstandes Ethik (lt. Empfehlungslehrplan 2017 und Praxisbuch Ethik I/II) sind für die kompetenzorientierte Ethik-Matura je nach Schulart und Schulstandort 6-24 Themenbereiche auszusuchen.

Der Empfehlungslehrplan (2017) und die Praxisbücher Ethik I/II führen folgende 24 Themen an.

Die tatsächliche Anzahl der Themen einer Maturaprüfung richtet sich im AHS-Bereich nach folgender bundesweiter Regelung (lt. LSR und BMB).

Die Formulierungen der Teilaufgaben muss kompetenzorientiert erfolgen, mithin unter Verwendung von Operatoren aus den drei Kompetenzbereichen (1) Reproduktion – (2) Transfer (selbstständiges Verarbeiten und Anwenden) – (3) Reflexion und Bewertung.