R.T. Erdoğan & COs in der Türkei – B. Szydło, J. Kaczynski & COs in Polen – V. Orbán & COs in Ungarn – D. Trump & COs in den USA – W. Putin & COs in Russland – und die vielen … & COs Land-auf-Land-ab: Was lehren sie uns? Und was lehrt uns die Geschichte?

Sie sind an die Spitze ihrer Parteien oder Länder gelangt durch die (mehr oder weniger) deutliche Stimmen- und Wahlgewalt derer, die nun von ihnen geführt oder regiert werden. Und stolzen, aufrechten Ganges sprechen sie „im Namen d(ies)er Partei“ – „im Namen d(ies)es Volkes“ . Und stehen sie „auf der Seite d(ies)er Partei – „auf der Seite d(ies)es Volkes“. So ihre Eigenwahrnehmung, so ihre öffentliche Stilisierung. Und so die Botschaft des von ihnen beanspruchten und in Aussicht gestellten parteiisch-völkischen Heil- und Wohlergehens. (Social-)medial inszeniert, selbstinszeniert: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich. Ist gegen die Partei – gegen das Volk. Ist ein Verräter. Gehört eingesperrt. Wird eliminiert.“

Welcher Strategie folgen diese Führer/innen & COs, welche rationale Kalkulation leitet sie, welchen Vorteil (für sich) oder welchen Vorteil (für das Volk) erhoffen sie sich? Das sind die Fragen, auf die Antworten zu geben sich in anderen Ländern (Europas und der Welt) jene bemühen, die (irgendwie) in demokratisch-freiheitlichen Kategorien zu leben und zu denken gewohnt sind. Denn, so meinen sie, mit diesen Antworten hielten sie die Schlüssel in der Hand, jenen Autokraten-Träumern/innen wirksam entgegenzutreten. Berlin hat das oft und lange versucht, auch Wien tut sein Bestes (was im einen wie im anderen Fall nicht viel, aber doch zumindest von akzeptabler Motivation getragen sein mag).

So langsam aber – und, im Falle der Türkei, nach viel Kuschelkurs und politisch verbogener Rechtsstaatlichkeit, beginnend spätestens im März 2016 im Umgang mit dem Schmerz- und Panikgeschrei aus Ankara nach der Satire-Schmähung durch Jan Böhmermann – schleicht sich der Verdacht (und die Erkenntnis) ein: Jene, die da oben stehen, die Autokraten-Träumer/innen dieser Welt, folgen weder einer Kalkulation noch einer Strategie. Zumindest folgen sie weder bewusster Kalkulation noch inhaltlicher Zielsetzung. Was sie besonders gefährlich sein lässt. Denn man kann nicht mit ihnen rechnen, man kann sich nicht auf sie einlassen, sich nicht auf Absprachen und Verträge mit ihnen verlassen. Auf Gesetz schon gar nicht. Politische Kalkulation und inhaltliche Zielsetzung sind ihnen niemals Zweck, niemals richtungs- und handlungsleitende Vorgabe. Politische Kalkulation und inhaltliche Zielsetzung sind ihnen vielmehr lediglich Mittel der Inszenierung ihrer selbst. Diese, die Selbst-Inszenierung, also das unüberseh- und unüberhörbare Aufblähen ihrer selbst, ist ihnen einziger Zweck, ist ihnen Selbstzweck (ähnlich dem Frosch im Märchen, der dann aber doch noch platzt und darin zeigt, was er immer schon war: Ein Nichts).

All dies aber nicht so, dass ihnen das Selbst-Inszenieren und -Aufblähen schon als solches Befriedigung verschaffte, mithin der Autokraten-Träumer/innen Lust- und Höhepunkt wäre. Sondern so, dass ihnen besagtes Inszenieren und Aufblähen lediglich die Möglichkeit nachfolgender Lust, nachfolgender Befriedigung eröffnet. Diese zu gewähren und zu geben ist bei ihnen zur Aufgabe und zum Auftrag aller anderen Menschen geworden, der Partei oder des Volkes. Letztlich ist es zur Aufgabe und zum Auftrag all dessen geworden, was ist. Jeder, alle und alles, die ganze Welt muss diesen Autokraten-Träumern/innen, so deren kindlicher Anspruch – so der Anspruch eines kleinen Kindes – auf Gedeih und Verderb Befriedigung verschaffen, anderenfalls Alle, Alles und Welt gegen die Partei und das Volk, mithin dessen Verräter wären und eingesperrt gehörten (wo das kleine Kind lediglich trotzig um sich schrie und tobte. Wie es kleine Kinder halt tun. Und es richtiger Weise tun. Kleine Kinder, nicht Autokraten-Träumer/innen).

Oder auch: Die Welt, das Volk, die Partei, kurz: Alles ist diesen Autokraten-Träumern/innen zur säugenden Mutterbrust geworden – und alles ist ihnen dazu bestimmt und hat ihnen dafür da zu sein, sie zu nähren, ihnen Speis und Trank, ihnen Ruhm und Ehre, ihnen Liebesobjekt zu sein. Freilich ein Liebesobjekt fern der Liebe und des Liebens. Hier irrte selbst Jan Böhmermann, hier geht sein Erdogan-Schmähkritik-Gedicht ins Leere. Tote Hose sozusagen, auch bei Ziegen und Schafen (oder vielleicht nur bei ihnen nicht…?).

Was kann da noch von einem Rechtsstaat bleiben, was von Rechtstaatlichkeit und Demokratie? Nichts, absolut gar nichts. Keine Einschränkung, keine Beschränkung des „Alles-für-des/der-Autokraten-Träumer/innen-Lust“ kann geduldet werden. Recht und Gesetz, die Partei ‚Recht und Gerechtigkeit‘ (so die polnische Variante des R.T.Erdogansyndroms) sind dann das, was des/der Autokraten-Träumer/in Träume zunächst versüßt, sodann verwirklicht (den end-platzenden Frosch lassen wir jetzt mal unberücksichtigt). Im Wortlaut des Chefs besagter polnischen PIS-Regierungspartei, Jaroslaw Kaczynski: „Die Verfassung ist ein Büchlein – Mehr nicht. Wie kann ein Büchlein verbindlich sein!“ (ZDF-Mittagsmagazin vom 20.07.2017, https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-mittagsmagazin/sendung-mim-heute-100.html;  21.07.2017).

Berlin und Wien, Wien und Berlin: Euer Türkei-Flüchtlings-Deal war und ist politisch gewollt-inszenierter Selbstbetrug (dass er auch ein Betrug war und ist an den Opfern dieser Welt, an den Flüchtlingen, den Hungernden und Durstenden, war eh von Beginn an klar – und jeder von euch war bereit, diesen Preis der Beruhigung an heimatlicher Wahlfront zu zahlen). Dass erst vereinzelter Deutscher Schicksale (zuletzt: Peter Steudtner) Berlin wachrütteln: Peinlich und verlogen. Dass Wien lieber am Brenner die Grenze panzer-schützt, anstatt dem vom EU-Dublin-Abkommen geschädigt-allein-gelassenen Italien zu helfen (also das EU-Dublin-Abkommen zu entsorgen): Peinlich und verlogen. Dass Berlin und Wien im Mittelmeer helfen, Flüchtlings-Schlepperboote zu zerstören und sich dann wundern, dass neu startende Flüchtlings-Schlepperboote (noch) weniger seetüchtig sind als die zuvor zerstörten: Peinlich und verlogen. Dass zudem (in der deutschen BILD-Zeitung) der Finger Minister W. Sobotkas auf die Hilfsorganisationen (NGOs) zeigt, sie würden als „selbst ernannte Seenotretter […] bei den Schleusungen helfen“ (www.faz.net; 21.07.2017): Peinlich und verlogen.

Mit den Autokraten-Träumern/innen dieser Welt, den Diktatoren und Schlächtern, war niemals und ist jemals ein Geschäft zu machen. Jede ökonomische Kurzsichtigkeit darin, Vorteil und Gewinn zu erhaschen, mündet in politische Regelosigkeit, in politische Handlungsunfähigkeit. Die partielle Hintergehung freiheitlich-demokratischer Prinzipien (durch das geschäftige Berlin, Wien, Brüssel etc.) wird immer und kann stets nur die gänzliche Zerstörung der demokratisch-freiheitlichen Grundordnung zur Folge haben. Damals und heute. Und auch in Wahlkampfzeiten. Das lehrt uns (wieder einmal) die Türkei. Und das lehrt uns die Geschichte (deren Schüler/innen wir sind).